Gründach - Lebensaum, Klimaregulator und Regenwassermanagement

Argumente für ein Gründach

Im städtischen Raum nimmt die Versiegelung der Oberflächen täglich zu. Die wenigen Restnatur-Flächen und begrünten Innenhöfe in den Städten werden verbaut oder in Verkehrsflächen umgewandelt. Der Mangel an Grünflächen und individuell nutzbaren Freiräumen ist deutlich spürbar. Verbesserungen sind wegen der vielfältigen Nutzungsansprüche und des knappen Flächenangebotes auch längerfristig kaum möglich. Stadtflucht, Zersiedelung des städtischen Umlandes durch Einfamilienhäuser und Zweitwohnsitze sowie zunehmender Landschaftsverbrauch durch neue Straßen sind die Auswirkungen der unbefriedigenden Wohnsituation in den Städten.

Gleichzeitig sind Städte vom Klimawandel besonders betroffen. Die steigenden Durchschnittstemperaturen haben negative Auswirkungen auf die Lebensqualität und Gesundheit der Stadtbewohner und bewirken auch einen gesteigerten Energieaufwand. Die Erhaltung und Schaffung von grüner Infrastruktur in der Stadt kann diesen negativen Entwicklungen entgegenwirken.

Besonders Dachflächen haben ein großes Potenzial: Erholungsraum für Menschen, Lebensraum für Vögel und Insekten, Regenwasserspeicher, Nutzfläche für Solarenergie und grüne Lunge, die kühlt, die Luftfeuchtigkeit erhöht und Schadstoffe aus der Luft filtert.

Technologisch ist heute alles möglich. Von extensiv begrünten Flächen mit wenig Pflegeaufwand bis hin zu Gartenparadiesen und Spielgärten auf dem Dach. Gründächer machen unsere Städte zu einem lebenswerten und attraktiven Wohnort und tragen aktiv zur Klimaregulierung, Stabilisierung des Regenwasserhaushaltes und Erhöhung der Biodiversität in der Stadt bei.

Lebensraum Gründach

Stadtbewohner schauen von ihren Fenstern meist auf eintönige Kies- oder Blechdächer. Dabei könnte auf vielen Gebäuden eine vielfältig gestaltbare und optisch attraktive Grünfläche angelegt werden. Die Aussicht auf Natur und Grün wirkt sich auch positiv auf die Psyche aus: Die Eigenschaft des Menschen, sich in grüner Umgebung produktiver, leistungsstärker und gesunder zu fühlen. Natürlich können begrünte Dachgärten zerstörte Naturlandschaften nicht vollständig ersetzen. Sie können aber Bausteine zur Biotopvernetzung werden. In verbauten Gebieten sind die Distanzen zwischen Naturstandorten meist sehr groß und verhindern oder erschweren die Verbreitung von Tier- und Pflanzenarten. Gründächer helfen, diese Distanzen zu überbrücken. Besonders wertvoll sind “Biodiversitätsdächer”, das sind Dachbegrünungen mit besonders hoher Artenvielfalt, einem Blühangebot über das ganze Jahr und Strukturreichtum, der durch Totholz, Steine und integrierte Insektenhotels hergestellt wird. Aber auch extensive Dachbegrünungen können Lebensraum für viele vom Aussterben bedrohte Insekten- und Schmetterlingsarten werden, denn sie sind den selten gewordenen naturbelassenen Trockenrasen sehr ähnlich. Schon kleine Flächen können Lebensraum für eine Vielzahl an Insekten sein. Auch die selten gewordenen Wildbienen fühlen sich auf Gründächern wohl.

Durch die Bestäubung der Wild- und Kulturpflanzen leisten die Tiere einen wichtigen Beitrag zur Sicherung der Biodiversität in unseren Städten. Selbst kleine Gründächer bieten das ideale Mikroklima, ausreichend Nahrung und gute Nistmöglichkeiten für fast alle Arten von Wildbienen.

Auswirkungen auf das Stadt- und Gebäudeklima:

Während der Sommermonate speichern mineralische Oberflächen und Baumassen die Energie der Sonne und verhindern die nächtliche Abkühlung. Die Stadt wird zum “Backofen“. Dachbegrünungen fungieren durch Substrate und Pflanzen wie eine grüne Klimaanlage und kühlen den Außenraum wirksam ab. Die Begrünung legt sich wie ein schattierender, kühlender Mantel über die Dachfläche, und verhindert so die Aufheizung des Baukörpers. Die Pflanzen filtern außerdem Staub aus der Luft, der nach einem Regen im Bodenaufbau gebunden wird, und tragen so zu einer Verbesserung der Luftqualität bei.

Gründächer wirken wie ein Hitzeschild für Innenräume, weil die Pflanzen das Dach beschatten und die Verdunstung kühlt. Die auf die Dachfläche treffende Strahlung dringt weniger stark ins Gebäude ein und der Wärmedurchfluss wird verringert. Im Vergleich zu Blech-, Bitumen- und Kiesdächern wirken Gründächer puffernd und sorgen für ein kühles Inneres. Im Winter hingegen wirkt die Pflanzendecke als Kälteschutz und dient als zusätzliche Isolier-schicht auf der Dachfläche.

Regenwassermanagement:

Von betonierten und asphaltierten Flächen fließen Niederschläge rasch ab und landen im Kanalnetz. Sie gehen damit dem städtischen Wasserkreislauf verloren. Da die Niederschläge direkt ins Kanalsystem abfließen, müssen die Abwasserkanäle für extreme Hochwasserspitzen geplant werden und sind im Normalbetrieb nur zu wenigen Prozent ausgelastet. Die Anzahl von Starkregenereignissen und damit die Gefahr für städtische Hochwässer, die meist erhebliche Schäden mit sich bringen, haben sich durch den Klimawandel in den letzten Jahren gehäuft.

Dachbegrünungen wirken wie ein Schwamm und speichern – je nach Aufbaudicke und verwendeten Materialien – zwischen 50 und 90 Prozent der Niederschläge.

Formen der Dachbegrünung:

Extensivbegrünung

Extensivbegrünungen sind nicht zur dauerhaften Benutzung durch den Menschen geeignet (nur für Wartungsgänge). Der Aufbau ist dünnschichtig (8 - 15 cm hoch) mit einem geringen Anteil an organischen Materialien. Das Gewicht (wassergesättigt) beträgt je nach Material ca.  90 - 200 kg/m². Ein extensives Gründach kommt mit wenig Pflege aus (keine zusätzliche Bewässerung, ggf. Düngung, ein Kontrollgang pro Jahr für Entfernung von unerwünschtem Wildwuchs).

Die Bepflanzung erfolgt mit Niederwüchsige Pflanzengesellschaften, die optimal an den schwierigen Standort angepasst sind und Hitze, lange Trockenperioden, Wind und starken Frost ertragen können. Gewürzstauden, Zwiebelgewächse, Gräser, Kräuter, Bodendecker z.B. Sedum (der bekannte Mauerpfeffer).

Intensivbegrünung

Im Gegensatz zur extensiven Begrünung ist hier eine Benützung gewünscht und geplant. Der Aufbau ist dickschichtig (von 15-100cm je nach Nutzungs- oder Bepflanzungsart). Das Gewicht solcher Gärten am Dach liegt zwischen 180 und 1000kg/m². Der Aufbau erfolgt mehrschichtig (Vegetations-, Filter- und Drainageschicht). Die Pflege ist mit einer normalen Gartenpflege gleichzusetzen.

Für die Bepflanzung kommen je nach Aufbauhöhe Baum- und Strauchpflanzungen, Gehölz und Staudenbegrünungen oder Rasenflächen in Frage.